London Dry Gin & London Gin
Gin schmeckt fantastisch! Das ist, betrachtet man den momentanen Gin Hype, den meisten derzeit klar. Weniger klar ist dem Großteil der Gin Trinker wahrscheinlich jedoch, was es für sogenannte „Gin Sorten“ gibt und wie sich diese voneinander abgrenzen. Der eine oder andere mag nun vielleicht zusammen zucken und durchaus mit einiger Berechtigung sagen: ist dies bei Gin überhaupt nötig? Denn anders als Bourbon und Single Malt oder Sekt und Champagner, ist solch eine Abgrenzung bei Gin teilweise weniger eindeutig. Doch dazu gleich mehr.
London Dry Gin – Eine Frage der Herstellung… oder des Geschmacks?
Klassischerweise definieren sich die Gin Kategorien nach London Dry und New Western, nach Old Tom und (Schlehen-) Likör, nach Navy Strength und Reserve. Einige dieser Kategorien sind klar: Old Tom ist gesüßt, Likör noch ein wenig mehr. Reserve Gins sind Wacholderdestillate mit Fasslagerung und Gins mit Navy Stärke besitzen mindestens einen Alkoholgehalt von 57% Vol. Alc. – um es salopp zu sagen. Aber was ist mit London Dry Gins und New Western Gins? Diese lassen sich deutlich weniger klar definieren.
Gerade die New Western Kategorie ist in gewisser Weise der Gegenpart zu den klassischen London Dry Gins, die trocken, wacholderbetont und durchaus charakterstark zu nennen sind, so beispielsweise der klassische Tanqueray London Dry, Bombay Sapphire oder auch Beefeater. New Western heißt, anderen Botanicals als der Wacholderbeere den Vortritt zu lassen, bzw. neben Wacholder auch anderen Ingredienzen einen gewissen geschmacklichen Auftritt zu gestatten. Wenn man wiederum beispielsweise an OMFG Gin denkt mit Damiana und Winterlindenblüten oder auch an Elephant Gin mit seinen afrikanischen Kräutern und Pflanzen sowie Äpfeln und auch Florian Gin mit seinen blumigen Nuancen, dann wird klar, dass auch London Dry Gins nicht nur vorranging nach Wacholder schmecken, sondern eben auch andere Ingredienzen geschmacklich hervortreten lassen wie Rosen und Lavendel, Gewürze, Zitrusfrüchte und mehr.
Unser Fazit: ein London Dry kann, muss aber nicht klassisch vorrangig nach Wacholder schmecken.
Wie wird ein London Dry hergestellt?
Ganz anders verhält es sich mit der Herstellung, denn hier gibt es natürlich Regelungen per EU-Verordnung, an die man sich als Destillateur zu halten hat, will man seinen Gin auch wirklich als „London Dry“ vermarkten.
Zunächst einmal sollte hier die Frage des Grundalkohols geklärt werden. Single Malt Whisky entsteht aus gemälzter Gerste, Cognac aus Trauben und Rum aus Zuckerrohr. Doch Gin? Der muss in erster Linie per EU-Richtlinie aus Ethyalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs hergestellt werden und der Methanolgehalt darf den Wert von 5g/hl bei 100% Vol. Alc. nicht überschreiten. Anders gesagt: dies sichert in erster Linie einen hochwertigeren Basisalkohol, der prinzipiell agrarischen Ursprungs zu sein hat, so beispielsweise Bavarka und Windspiel Gin auf Kartoffelbasis, G’Vine aus Trauben, Napue aus Roggen, Rude Gin aus Wacholderbeeren und vieles mehr. Gin besitzt also schon hier deutlich mehr Spielraum, um einen gewissen Eigencharakter auszubauen, als beispielsweise Whisky oder Rum.
London Dry soll von hoher Qualität sein und deshalb sind neben Methanolgehalt und Basisalkohol auch andere Regelungen festgesetzt, wie beispielsweise der Verzicht auf sämtliche Farb- und Aromenstoffe. Ein London Dry Gin erhält seinen Geschmack und seine „Farbe“ ausschließlich durch das Zugeben der Botanicals während des zweiten Destillationsganges (niemals danach). Kosten Sie also einen London Dry Gin, so können Sie sich stets sicher sein, dass Sie auch wirklich den reinen Geschmack von zumeist äußerst hochwertigen Zutaten verkosten.
Anders als Old Tom Gins, zeichnen sich London Gins durch einen gewissen Dry Charakter aus, sind also trockener, herber und dürfen nicht über einen Wert von 0,1g Zucker pro Liter kommen.
Eine weitere Festlegung seitens der EU ist die Festschreibung, dass ein London Gin nach der Destillation mindestens 70% Vol. Alc. aufweisen muss (den man schließlich wiederum meist auf 37,5 – 47% reduziert). Und beim Navy Gin bleibt man tatsächlich sogar bei kräftigen 57% Vol. Alc.
Übrigens: ein London Gin muss natürlich nicht zwingend auch in London hergestellt werden. Entscheidet sich also ein deutscher Hersteller wie Franziska die Brennerin einen Gin nach London Dry Verfahren herzustellen (und ihn auch so zu nennen), dann ist dies natürlich erlaubt.
Nicht zuletzt muss ein jeder Gin selbstverständlich Wacholder enthalten und per EU muss die Beere sogar geschmacklich dominant sein.
Wie kam es zur Entstehung der London Dry Gins?
Die Entstehung von Kategorien wie London Dry und Old Tom ist nicht nur eine geschmackliche Abgrenzung, sondern stets auch eine, die Qualität sichern soll. Dass man Methanolgehalt, Farbstoffzugabe und Co. regelt, soll in erster Linie dafür sorgen, dass der London Gin einem gewissen Qualitätsanspruch gerecht wird. Dies ist zurückzuführen auf eine Zeit in England, als der Gin Craze im 17. und 18. Jahrhundert Einzug hielt und ein billiger, mit Terpentin und Wacholder angereicherter Alkohol zu Massenalkoholismus, gestiegenen Gewalttaten und Abhängigkeiten führte. Die Obrigkeiten reagierten auf diese Krise und nach und nach entstanden die qualitativ hochwertigen Old Toms und London Dry Gins, wie wir sie bis heute kennen und auf Barkarten schätzen.
Klassische London Dry Gins…
… schmecken natürlich am besten auf Eis und mit einem erfrischenden (Indian) Tonic Water. So beispielsweise Tanqueray und Sipsmith, Burleighs, Sikkim, Boodles, The Botanic und Mayfair oder The King of Soho, Opihr und Berkeley Square, um nur einige zu nennen.