Gin-Destillerien – Klein und Groß, Traditionell und Innovativ
Während der Zeit des englischen „Gin Craze’s“ waren im England des 18. Jahrhunderts unzählige Gin-Destillerien und Schänken aus dem Boden geschossen. Die Zahlen stiegen so rasant an, dass sich zeitweise jeder siebte Haushalt ein Nebenbrot damit verdiente, Gin auszuschenken. Solch eine große Anzahl ist heute zwar nicht zu verzeichnen, doch trotzdem ist die Tendenz an Neugründungen steigend und diese machen auch deutlich: Gin ist im Kommen!
Um einen Überblick über die Vielzahl an Brennereien zu geben, lohnt es sich, einen Blick sowohl auf regionale Unterschiede der Gin-Herstellung zu werfen, als auch diejenigen zu betrachten, die sich als Quereinsteiger beweisen. Große Spirituosenkonzerne wie Diageo, Pernod Ricard und LVMH mit ihren schmackhaften Allroundern um Tanqueray und Co. sind bei der Betrachtung ebenso nennenswert wie Klein- und Kleinstdestillerien, die nur in äußerst begrenzter Anzahl per Small-Batch-Verfahren wahre Kostbarkeiten herstellen, wie beispielsweise unseren Hamburger „Gin Sul“.
Landestypische Gins
Eine strikte Unterteilung davon, wie Destillerien in den diversen Gin-Ländern bei der Herstellung ihrer Gins verfahren, kann in dem Sinne nicht gegeben werden. Dafür ist die Anzahl an geschmacklichen Unterschieden zu groß. Und doch kann man, betrachtet man die folgenden Zeilen, gewisse Tendenzen in den einzelnen Ländern und Regionen feststellen, die wir Ihnen kurz vorstellen möchten.
Deutschland – Die Heimatverbundenen
Gerade in der deutschen Gin-Landschaft tat sich in den letzten Jahren einiges. Hier liebt man es durchaus, im klassischen, altbewährten Stil zu brennen, wie beispielsweise beim Adler Berlin Dry Gin und dessen Preußischer Spirituosen Manufaktur. Nur einige wenige ausgewählte, typische Botanicals landen in diesem Gin, der aufs sorgfältigste destilliert wird.
Bei aller Gin-Tradition mag man es in Deutschland, seinem Gin einen Hauch Heimat mitzugeben. Sei es beim bayrischen Bavarka Gin der angesehenen Lantenhammer Brennerei, die ihrem Gin Heublumen, Hopfen und Fenchelsamen mitgeben, oder beim Monkey 47 der Black Forest Distillers GmbH, die unter anderem mit Fichte, Holunderblüten, Hagebutte und Preiselbeere aufwarten. Gin aus Deutschland ist also sehr facettenreich.
Gerade auch in Deutschland machen sich engagierte Einzelpersonen auf, ihre Leidenschaft für Gin mit der Gründung einer Destillerie in professionelle Bahnen zu lenken. Feel! Munich Dry Gin wurde vom jungen Korbinian Achternbusch ins Leben gerufen. Liebevoll destilliert er in der gleichnamigen Destillerie Achternbusch seine großteils heimischen, nachhaltig gewonnenen Ingredienzen - und geht nebenbei noch einem fachfremden Hauptberuf nach.
Ebenso hält es sich mit Gin Sul der Altonaer Spirituosen Manufaktur aus Hamburg. Stephan Garbe destilliert dort einen bemerkenswerten Gin, der es schaffte, nordische Lebenslust und (als erklärter Portugal-Liebhaber) portugiesische Eigenheiten mit in die Flasche zu bringen. Lavendel, Rosenblüten und Zimt treffen mit Wacholder, Zitronen und der besonderen Zutat Zistrose zusammen, die das gewisse Etwas garantiert.
Frankreich – Die Ungewöhnlichen
Frankreich zeichnet sich neben großen Konzernen wie Pernod Ricard und LVMH vor allem durch äußerst experimentierfreudige Destillerien aus. Schon die tieforangefarbene Couleur des Saffron Gins von Gabriel Boudier verrät die besondere Zutat Safran, die in diesem Gin Einzug hält. G-Vine wählt anstelle von Getreide Trauben als Basis für deren Neutralalkohol und Citadelle Réserve der Brennerei Ferrand war gar der erste fassgelagerte Gin, der als Vorreiter für viele andere Destillerien diente.
Großbritannien – Die Klassiker
England ist die Heimat des Gins und seine Destillerien prägten das Bild des Gins, wie sonst nichts anderes. Hier entstanden die berühmten London Drys ebenso wie Old Tom und Plymouth Gins. Hier war der Konsum von Gin im 18. Jahrhundert auf solche Höhen gestiegen, dass man sich gezwungen sah, gesetzlich dagegen vorzugehen. Und von hier stammen auch die Gins, die bei Liebhabern wie Neulingen bekannt sind. Hayman’s von den Hayman Distillers, Bombay Sapphire (der Bacardi Group zugehörig) und Gordon’s (Diageo) zählen zu den ganz Großen am Gin-Himmel und fehlen in keiner Bar.
Nicht verwunderlich ist es also, dass in Großbritannien vor allem London Dry Gins destilliert werden. Tendenziell hochprozentiger (bis zu 47%) und hin und wieder sogar in Navy Strength Stärke angeboten, liegt in England die Betonung meist auf Wacholder und einer gewissen Zitrusfruchtigkeit. Hochgehalten wird hier vor allem der Mix mit Tonic Water sowie der Genuss in einem Martini. Hauptsächlich präsentieren sich englische Gins von ihrer Dry-Seite und auch der britische Humor und eine gewisse Verrücktheit kommen nicht zu kurz. Schottischer Hendrick’s Gin von William Grant & Sons Ltd. verwöhnt mit bulgarischer Damaszener Rose und Gurke, Hoxton Gin mit Kokosnuss und Grapefruit. Und sogar einen Bathtub Gin gibt es von Professor Cornelius Ampleforth und den Masters of Malt.
Auch in Schottland lassen sich einige Gin-Destillerien finden. Vom großen Tanqueray (Diageo) und dem eben erwähnten Hendrick’s Gin bis zum romantischen, geschichtsbezogenen Darnley’s View und den innovativen Abfüllungen der Edinburgh Gins der Spencerfield Spirit Company taucht in den nordischen Landen ein buntes Potpourri an hervorragenden Destillerien auf und erfreut die ganze Welt mit ihren Kreationen.
Spanien – Die Vielfältigen
Neben Großbritannien tritt vor allem Spanien als typisches Gin-Land auf. Warme Sommerbrisen und ein kaltes Gin Tonic passen einfach hervorragend zusammen und bedingen wohl die große Anzahl an Destillerien mit. Spannende Neuinterpretationen des Gins wie die 5th Gin Reihe der Destillerie Modesto Soler und Gin Mare wissen dabei ebenso zu begeistern wie klassische London Dry Gins, beispielsweise ein Cubical Ultra Premium Gin von Bodegas Williams & Humbert.
USA – Die Sanftmütigen
Eine der größten Konsumenten von Gin stellen die USA dar. Im Gegensatz zu englischen Vorlieben, ist man in den Vereinigten Staaten immer mehr dazu übergegangen, mildere und weichere Gins zu konsumieren. Hier ist die Nachfrage nach niedrigeren Prozentzahlen höher und auch die damit zusammenhängende Vorliebe für New Western Gins, wie beispielsweise des Aviation Gins von House Spirits Distilling oder des CapRock Organic Gins der Peak Spirits LLC.
Die Quereinsteiger
Neben traditionellen Gin-Destillerien gibt es auch diejenigen, die sich nicht nur in der Produktion von hervorragenden Gins hervortun, sondern vor allem auch in anderen Bereichen glänzen. Bruichladdich und deren Master Distiller Jim McEwan sind weltbekannte Namen der Whisky-Welt, die seit neuestem auch mit einem Gin, dem sogenannten The Botanist Islay Dry Gin aufwarten. Das ganze Wissen jahrzehntelanger Destillierkunst fließt in diesen Gin der besonderen Art ein.
Auch die Brennerei Lantenhammer, gelegen am bayrischen Schliersee, produziert in erster Linie (Obst-)Brände und weiß neben Bavarka Gin auch mit Bavarka Vodka zu begeistern. Und selbst am anderen Ende der Welt findet man mit Lark Godfather Gin und dessen Lark Distillery eine Brennerei vor, die neben Gin auch im Whisky-Geschäft tätigt ist.
Hier lohnt es sich stets, die diversen Abfüllungen zu kosten und das gesamte Repertoire einer hervorragenden Destillerie zu erkunden.